Bist du glücklich?

Mein Mann und ich haben letztes Jahr an einem intensiven Ehekurs teilgenommen. Intensiv deswegen, weil dies 18 Wochen lang jede Woche einen Abend Kurs bedeutete (und Hausaufgaben beinhaltete) und weil uns die Inhalte sehr herausforderten. Wir waren eigentlich recht zufrieden mit unserer Ehe – aber wir mussten feststellen, dass es doch einige Baustellen gab.

Eine der grössten Baustellen war die emotionale Nähe. Wir haben zwar miteinander geredet, aber es ging sehr selten in die Tiefe. Fragen wie: „Wie geht es dir“ gab es schon. Aber die Antwort war öfters: „Ja, doch, mir geht es recht gut.“
Mein Mann hat sich eine Anregung aus dem Kurs zu Herzen genommen und mich gefragt: Bist du zufrieden? Das konnte ich bejahen. Die nächste Frage darauf war: Bist du glücklich? Das ergab dann ein Gespräch von zwei Stunden, weil ich nicht Ja sagen konnte. Wir haben zusammen versucht, dem Thema auf den Grund zu gehen. Spannend! Im Laufe eines solchen Gespräches kommen auch Träume und Wünsche zur Sprache, die sonst irgendwo versteckt vor sich hin schlummern. Darüber zu reden tut so gut!

Auch bei Gesprächen über heikle Themen, Themen, die mir peinlich sind oder die weh tun, tut es so gut, wenn mein Partner wohlwollend dabei bleibt, interessiert ist und nachhakt. Es ist schön, wenn er es mit mir aushält, auch wenn das Thema unangenehm ist (oder auch dann, wenn ich unangenehm bin).
Es ist eine Vertrauensfrage, wie verletzlich ich sein kann. Solange mein Partner nicht kritisch oder mit besserwisserischen Ratschlägen daherkommt, fühle ich mich wahrgenommen, verstanden und wertgeschätzt. Mein Partner unterstützt mich in schwierigen Momenten einfach dadurch, dass er zuhört, interessiert ist und Geduld hat.

Auf dieselbe Weise unterstütze ich natürlich auch meinen Partner. Unsere Ehe profitiert inzwischen sehr davon, dass unsere Gespräche tiefer gehen als noch vor einem Jahr! (Dabei sind wir jetzt, wo ich das schreibe, schon seit 26 Jahren verheiratet.) Das Verständnis für das Denken des Partners wird grösser und damit auch die Nähe zum Partner – meistens profitiert davon auch die körperliche Intimität! Gott hat sich die Ehe als Einheit gedacht, emotional und physisch.

Lass dich dazu ermutigen mit ausgewählten Menschen, die dir nahestehen, verletzlich und offen zu sein. Vor allem deinem Partner, deiner Partnerin gegenüber, auch wenn das vielleicht am Anfang ein sich „vorsichtig-aufeinander-zu-tasten“ bedeutet. Das echte Zuhören ohne eine vorherige pfannenfertige Meinung will gelernt sein. Wohlwollen ist eine Grundbedingung, auch wenn Fehler gemacht wurden! Auch verletzlich zu sein und Fehler einzugestehen ist alles andere als einfach. Und doch tut es so gut, Gefühle zu teilen, innere Beweggründe zu formulieren und dabei zu erleben, dass das Gegenüber mich nicht verurteilt, sondern immer noch zu mir steht!

Wenn du über deine Gefühle redest, werden die Lasten, die du trägst, leichter und du spürst wie deine Beziehungen stärker werden. Die Umstände in deinem Leben ändern sich in dem Moment nicht wirklich. Aber wenn deine Vertrauensperson für dich ist und dich unterstützt, dann wird dein Selbstvertrauen grösser und entweder deine Einstellung oder dein Blickwinkel verändert sich.

Das gibt dir innere Ruhe, du fühlst dich wahrgenommen und wertgeschätzt.
Die Stabilität, die von der emotionalen Nähe in einer Beziehung kommt, macht dich mutig und hilft dir, das Leben mit Freude und Zuversicht anzupacken.

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2 Antworten

  1. Myrtha B. sagt:

    Danke Angie, für deine Offenheit, jeder der verheiratet ist, weiss wovon du redest, genau der letzte Abschnitt ist für mich in jeder Ehe- und lebensphase, der Wichtige : obwohl man sich sehr gut kennt, aufmerksam zuhören und wert geschätzt sein. Wir sind 38 jahre verheiratet, 3 jahre pensioniert (ich), ob du willst od nicht, es gab zwischendurch Zeiten, da fühlte ich mich auf d Abstellgleis, dazu der Coronakommentar, ab 65 out, wie wichtig ist Verständnis, drüber weg muss ich selber. Beziehungen u Ehen sund wie unsere Strasse im Dorf: die ganze Zeit wird irgendwas verbessert od aufgerissen, wenn du nichts mehr machst, kommts zur Katastrophe.

    • angiehauer sagt:

      Vielen Dank, Myrtha! Ja, die Strasse im Dorf, sie muss immer wieder geflickt und erneuert werden. Das ist wie in der Beziehung jeweils ganz schön mühsam und holprig, gell! Aber wenn das nicht passiert, ist sie irgendwann nicht mehr befahrbar. Manchmal braucht die Strasse auch eine gründliche Erneuerung. Ein treffender Vergleich!

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