Sichtbar!
Mit einer kleinen Gruppe von Studierenden der HF Bildenden Kunst und unserem Dozenten besichtigen wir eine weitläufige Burganlage mit Restaurant, Sälen, Burgkapelle und vielen anderen Räumlichkeiten. Nach einem kurzen WC-Abstecher stelle ich fest, dass niemand mehr zu sehen ist und gehe auf die Suche. Nach einiger Zeit entdecke ich sie wieder.
Ihr Kommentar dazu: Wir wussten, dass jemand fehlt, aber wir kamen partout nicht darauf, wer fehlt!
Diese Aussage hat mich schockiert und noch lange beschäftigt. Ich erkannte ein Verhaltensmuster (ich war knapp 50-jährig!), das mir ganz und gar nicht gefiel. Ich hatte mir angewöhnt, unauffällig zu sein, mich anzupassen und meine Meinung nicht zu äussern. Oweia! Ich machte mich sozusagen „unsichtbar“!
Zwei Gründe dafür habe ich entdeckt:
Ich dachte, meine Meinung sei nicht wichtig und ich hatte Angst, kritisiert zu werden.
In der Kindheit war ich klein, zierlich und herzig mit blonden Locken und dazu noch ein Mädchen. Niemand hat mich gross nach meiner Meinung gefragt und wenn ich sie mal äusserte, wurde sie nicht wirklich ernst genommen. Und so habe ich sie für mich behalten, sie für nicht relevant abgestempelt – und somit auch nicht geübt, sie zu formulieren und auszusprechen.
Ausserdem gab es diese Angst, mich zu exponieren und mich zu zeigen mit allem, was ich habe – mit Gutem und Schlechtem. Ich war überzeugt: „Sichtbar zu sein ist gefährlich und mühsam!“ Ich wollte vermeiden, beurteilt und kritisiert zu werden. Diese zwei Glaubenssätze zusammen waren eine destruktive Kombination.
Was sagt Gott dazu?
Er hat dich und mich geschaffen, wir sind wunderbare Werke aus seiner Hand. Es gibt göttliche Gründe, warum er uns so und nicht anders geschaffen hat – wir sehen diese Gründe nicht und haben Zweifel an uns als „Meisterwerk“. Und doch bleibt Gott bei seiner Meinung und liebt uns mit allen Gaben und Talenten – und ja, auch mit unseren menschlich antrainierten Fehlern. Er stellt deinen und meinen Wert nie in Frage.
Gott hat mich als „Gesamtpaket Angie“ in die Welt gestellt mit dem Potential, in der Welt zu wirken! Also ist meine Meinung wichtig. Das gilt auch für dich und für jeden Menschen auf der Welt! Ausserdem soll ich nicht Menschenfurcht, sondern Ehrfurcht vor Gott haben. Ich soll ihm zutrauen, dass er mit mir durch’s Leben geht und mich wunderbar darin anleitet, die Verantwortung wahrzunehmen, die er mir vor die Füsse legt.
Wenn mit Gottes Hilfe das Problem erkannt ist – diese falschen Glaubenssätze in meinem Kopf – dann kann ich etwas ändern. Ich kann die Wahrheit regelmässig laut aussprechen und vor allem kann ich sie im Alltag üben. Ich stelle fest, dass ich Schritt für Schritt vorwärts komme und dass das sogar Spass macht. Es ist schön zu sehen, wie mein Mitwirken mit der Zeit auch Auswirkung hat!
Denn was wir sind, ist Gottes Werk; er hat uns durch Jesus Christus dazu geschaffen, das zu tun, was gut und richtig ist. Gott hat alles, was wir tun sollen, vorbereitet; an uns ist es nun, das Vorbereitete auszuführen.
Epheser 2,10
Gott gibt mir Aufgaben, die mit meinen Gaben und Talenten perfekt zusammenpassen. Und er möchte, dass ich die Verantwortung wahrnehme, meinen Teil zur Welt und meiner Umgebung beizutragen. Das kann und wird durchaus Kritik von den Menschen auf den Plan rufen. Doch ich kann Gott auch zutrauen, dass er mir zur Seite steht, wenn Kritik laut wird. Es ist okay, dass Leute mich sehen und beurteilen oder sogar verurteilen. Nur Kritik von meinen engsten, ehrlichen Vertrauten sollte mich kümmern – Kritik von anderen Menschen kann ich getrost ignorieren.
Ganz wichtig für mein persönliches Wohlergehen und meinen Frieden ist es, nahe bei Gott zu sein und zu spüren, wie gut er über mich denkt und wie sehr er mich liebt. Dann verstehe ich, dass meine Meinung relevant ist und kann sie laut aussprechen und dazu stehen. Vor allem aber kann ich viel präsenter und „sichtbarer“ sein; ich kann aktiv und engagiert meinen Teil zur Gesellschaft beitragen, weil ich weiss, dass auch meine Meinung und mein „Dazutun“ relevant und wichtig sind. Sichtbar und engagiert zu sein, gibt dem Leben erst richtig Würze!
Das gilt auch für dich! Gott ist da für dich und hilft dir, falsche Glaubenssätze zu erkennen und auszuräumen. Dann entfalten sich deine Gaben und Talente erst so richtig; was du tust, hat Wirkung und du bist sichtbar für Gottes Reich.